Extrem hohe Handyrechnung – Muss man zahlen oder kann man dagegen vor gehen?

Autor: Bastian Ebert

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Extrem hohe Handyrechnung – Muss man zahlen oder kann man dagegen vor gehen? – In der Presse und den Nachrichten tauchen immer wieder Meldungen über Schockrechnungen auf, die ein Vielfaches so hoch sind wie normale Rechnung und teilweise vierstellige und sogar fünfstellige Beträge enthalten. Dank moderner Allnetflatrates mit pauschaler Abrechnung werden solche Fälle zwar seltener, ab und an tauchen sie aber dennoch auf.

Derzeit gibt es wieder einen solchen Fall im Congstar Forum. Der Nutzer hat aufgrund der Datenabrechnung eine Rechnung in Höhe von 600 Euro erhalten. Dort heißt es:

seit Jahren benutze ich den „Congstar 9 Cent flex Tarif“ da ich die Handy-Kosten so niedrig wie möglich halten wollte. Ich war immer sehr zufrieden und die monatlichen Kosten beliefen sich im Schnitt auf maximal 10€. Jetzt habe ich im Urlaub (in Deutschland und nicht in Grenznähe) kurz meine E-Mails überprüft und anschließend die Datenverbindung meines Erachtens wieder getrennt / deaktiviert. Dennoch habe ich hierfür eine Rechnung von mehr als 600€ erhalten.

Die einzige Erklärung die mir hierfür auf meiner Seite eingefallen ist, ist dass sich mein Endgerät anscheinend (ungewollt und unwissend) immer wieder mit Internet verbunden hat. Innerhalb von kurzer Zeit ist hierdurch eine Rechnung von mehr als 600€ entstanden.

Dieses Problem betrifft aber natürlich nicht nur Congstar selbst, sondern bei allen Handytarifen, die volumenbasiert abrechnen, kann so etwas auftreten, wenn die Simkarte falsch benutzt wird.  Besonders im Ausland, aber eben auch in Deutschland kann dies auftreten. Mittlerweile gibt es zwar (vor allem im Ausland) Sicherheitsmechanismen wie Zwangstrennung und andere Systeme, mit denen zu hohe Beträge vermieden werden sollen, in  speziellen Fällen sind hohe Beträge aber nach wie vor nicht ausgeschlossen.

Man hat als Kunde aber durchaus die Möglichkeit, bei so hohen Rechnungen etwas zu unternehmen.Die Vorgehensweise ist dabei in der Regel gleich, egal was man für ein Netz oder eine Abrechnungsform nutzt. Die nachfolgenden Tipps gelten daher sowohl für Handytarife bei der Telekom als auch für Verträge bei Vodafone oder O2 Handytarife und genau so für Allnet Flatrates oder Prepaid Tarife. Was genau man tun kann und welche Möglichkeiten es gibt, haben wir hier zusammen gestellt.

Ist die hohe Rechnung rechtmäßig zu Stande gekommen?

Bevor man bei einer extrem hohen Rechnung weitere Schritte einleitet, sollte man nachprüfen, ob es Belege dafür gibt, wie der Betrag zu Stande gekommen sein könnte. Dabei hilft natürlich bereits die Rechnung, im Zweifel sollte man aber auch noch mal den Einzelverbindungsnachweis zu Rate ziehen. Dann kann man zumindest nachvollziehen, auf welche Weise diese hohen Abrechnungsbeträge entstanden sind. Findet man selbst keine Erklärung, sollte man auf jeden Fall im Support des jeweiligen Anbieters nachfragen und dort klären lassen, wie es zu dieser Rechnung kam.

Dazu kann man prüfen, ob die Rechnung koreekt ausgestellt wurde. Diese Punkte müssen laut Verbraucherzentrale vorhanden sein:

  • Die konkrete Bezeichnung der in Rechnung gestellten Leistungen.
  • Die Gesamthöhe der Entgelte, die auf jeden Anbieter entfallen. Um die Rechnung nachvollziehen zu können, müssen in einer Gesamtübersicht die Rechnungspositionen der anderen Anbieter nach Einzelprodukten ausgewiesen werden. Die Preise der einzelnen Verbindungen sind aber in der Rechnung nicht zu nennen. Dies geschieht erst im Einzelverbindungsnachweis, den der Kunde allerdings eigens beantragen muss.
  • Die einzelnen Anbieter mit Namen, ladungsfähiger Anschrift und kostenfreier Kundendienstrufnummer.
  • Der Hinweis, dass der Kunde gegen die einzelnen in Rechnung gestellten Forderungen begründete Einwendungen erheben kann.

Sofern die Mindestvertragslaufzeit mehr als 1 Monat beträgt, müssen Sie zusätzlich folgende Informationen in Ihrer Telefonrechnung finden können:

  • das Datum des Vertragsbeginns
  • den aktuellen Zeitpunkt des Endes der Mindestvertragslaufzeit
  • die Kündigungsfrist und den letzten Kalendertag, an dem Ihre Kündigung eingehen muss, um eine Vertragsverlängerung zu verhindern
  • einen Hinweis auf die Informationen zum generellen Ablauf des Anbieterwechsels auf der Internetseite der Bundesnetzagentur

Gibt sich der Anbieter kulant?

Sollte die Rechnung nach Ansicht des Anbieters korrekt zu Stande gekommen sein, bleibt die Hoffnung, dass sich der Betreiber kulant zeigt und in gewissem Umfang die Rechnung erlässt oder auf ein erträgliches Maß reduziert. Oft kann man sehr gut mit den Allnetflat Preisen des Anbieters argumentieren und darauf verweisen, dass diese ja gleiche Leistungen zum einen wesentlich niedrigeren Preis beinhalten würden. Es gibt in solchen Fällen aber kein Anrecht auf das Entgegenkommen des Anbieters – man ist hier auf die Kulanz angewiesen.

Sollte sich der Anbieter uneinsichtig zeigen, bleibt nur der Weg, der Rechnung förmlich zu widersprechen. Dann könnte der Streit aber vor einem Gericht landen und man sollte sich vor einem solchen Schritt daher dringend fachlich Beratung durch einen Anwalt oder die Verbraucherzentrale einholen. Diese sind häufiger mit diesen Problemen konfrontiert und wissen daher recht gut, wie man vorgehen sollte.

Mittlerweile wurden auch Schlichtungsstellen eingerichtet, die für den Bereich Telekommunikation diese Probleme klären sollen. Unter anderem kann man sich an die Bundesnetzagentur als Schlichter wenden und den eigenen Falls schildern. Dann bekommt auch der Anbieter die Möglichkeit zur Stellungnahme und danach gibt es einen Schlichterspruch. Dieser ist allerding nicht bindend.

Was sagen die Gerichte dazu?

Die Rechtssprechung  in solche Fällen war in den letzten Jahren sehr kundenfreundlich. Die Gerichte sahen durchaus die Anbieter in der Pflicht, Kunden vor zu hohen Rechnung zu warnen oder Maßnahmen zu ergreifen, mit denen extrem hohe Rechnungsbeiträge erst gar nicht aufkommen können. Es gibt also einige gute Urteile, mit denen man eine Verweigerung bei zu hohen Rechnungsbeträgen durchaus begründen könnte.

So urteilte bereits 2011: das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht, (Urteil vom 15.9.2011, Aktenzeichen 16 U 140/10) zugunsten eines Kunden und reduzierte den Rechnungsbetrag deutlich auf eine zweistellige Summe.

Im Urteil heißt es:

Aus den dargelegten Umständen ergab sich im Dauerschuldverhältnis die Pflicht der Klägerin, den Beklagten nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei einem bestimmten Installationsschritt wegen sonst drohender hoher Kosten die automatisch startende Kartenaktualisierung abzubrechen ist. Demgegenüber kann die Klägerin nicht geltend machen, dass sie überhaupt keine Möglichkeit habe, entsprechende Hinweise im Rahmen der Hard- oder Software des Mobilfunkgerätes zu schalten. Die Klägerin war Verkäuferin des Mobiltelefons und lieferte es an den Beklagten. Sie hätte der Lieferung nicht zu übersehende Hinweise in Papierform beifügen können. Hierzu war sie in Kenntnis des vom Beklagten abgeschlossenen Tarifs und in Kenntnis der im Rahmen der Aktualisierung entstehenden hohen Internetkosten aus dem Dauerschuldverhältnis, das sie mit dem Beklagten verband, verpflichtet.

Im Jahr 2014 sah es das Amtsgericht Bonn in einem Urteil (vom 21.11.2014 (104 C 432/13)) ähnlich. Dort geht man ebenfalls von einer Pflicht zum Cut-Off – also dem Abschalten – aus.  Im Urteil heißt es:

Die Fürsorgepflicht des Mobilfunkanbieters gebietet es, einen sog. „Cut off“ zu schaffen, der bei ungewöhnlichem Internet-Nutzungsverhalten des Vertragspartners die Verbindung kurzfristig unterbricht und eine Warnfunktion entfaltet.

In der Praxis kommt es aber natürlich immer sehr auf den Einzelfall an und auf die Umstände, unter denen diese hohe Rechnung entstanden ist. Diese Urteile sind daher ein Anhaltspunkt, ob sie sich auf den eigenen Fall so übertragen lassen, ist nicht sicher. Daher auch an dieser Stelle nochmal der Hinweis auf eine fachliche Beratung. Sowohl Anwälte als auch die Verbraucherzentrale kann hier oft weiter helfen und in vielen Fällen kann man bereits mit den Fachleuten vermeiden, dass so ein Streit vor Gericht geht. Besser ist es dazu, wenn man versucht, von Anfang an zu vermeiden, dass hohe Rechnungen kommen. Dabei hilft es zum Beispiel, das Auslandsroaming zu deaktivieren und auch immer wieder zu kontrollieren, was das Handy denn macht, wie viele Daten verbraucht wurden und ob es eventuell Apps gibt, die selbst Datennachladen und dies in einem großen Umfang tun. Dazu sollte man Sonderrufnummern meiden oder zumindest prüfen, welcher Anbieter dahinter steckt und welche Kosten durch die Nutzung entstehen.  Auf diese Weise kann man von Anfang an dafür sorgen, dass die Handyrechnung klein bleibt und  dass man als Kunden gar nicht erst eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Anbieter führen muss.

Video: Hohe Handyrechnung mit diesen Tipps vermeiden


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